Montag, 8. August 2011

Cotopaxi und die Vorbereitungen

Der Cotopaxi.

Mit seinen 5897 Metern über NN einer der größten, aktive Vulkan der Welt ist er auch für das umgebende Land, das ca. 3400 Meter ü NN misst ein seht stattlicher Berg.
Die Besonderheit dieses Vulkans ist, dass er absolut allein steht und das Paradebeispiel eines sog. Schichtvulkans ist.

Durch diesen Umstand wird die Ersteigung erschwert, da der Vulkan eine Steigung von 45 – 50° (je nach Höhe) aufweist.

Aber vor Allem spielt natürlich die enorme Höhe die größte Rolle im Kampf beim Aufstieg.

Aus diesem Grund haben Fabian (ein Freiwilliger aus Aachen) und ich uns am vorherigen Wochenende den Illiniza Norte zur Besteigung und damit zum Training auserkoren. Begleitet wurden wir dabei von Moritz, einem weiteren Freiwilligen, der gerne bergwandert.

Ausgangspunkt für unsere Besteigung war das Dörfchen "El Chaupi" (~ 3400 MüNN), welches etwa 1 ½ Stunden südlich von Quito liegt, da wir uns gegen eine Camioneta (Pick-up) entschieden haben und zu Fuß losgegangen sind.

Nach etwa einer Stunde leichten Wanderns kamen wir an den Eingang des Nationalparks "Los Illinizas" und nach weiteren 1 ½ Stunden erreichten wir "La Virgen" ("Die Jungfrau"), ein Parkplatz mit einem kleinen Schrein, bis zu dem die Camionetas fahren können.


Am Eingang des Nationalparks

Dort folgten wir dem Weg in Richtung Refugio (= Berghütte), das sich auf etwa 4700 MüNN befindet.


Eine Karte bei "La Virgin"


Der Schrein

Unser Hauptziel für diesen Ausflug war die Übernachtung im Refugio, damit wir uns an die Höhe aklimatisieren und nicht womöglich am Cotopaxi unter Höhenkrankheit leiden.
Persönlich wollte ich aber auch gerne den Gipfel erreichen, da dieser der erste Berg über 5000 Meter wäre und Fabian, wenn auch auf anderem Wege, genau diesen Berg schon einmal bezwungen hatte.

Nach etwa zwei Stunden hatten wir dann durch VIEL Wind und vielen Wolken endlich die Berghütte erreicht, wo wir uns auch sogleich mit Tee wärmten und den anderen Anwesenden bekanntmachten.


Endlich angekommen...

Zirka eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit (~ 19 Uhr Ortszeit) haben wir uns dann auch, dick eingepackt, in unsere Schlafsäcke begeben, damit wir am nächsten Morgen "La cumbre" (= den Gipfel) erstürmen konnten.

Das Einzige, jedoch, was am nächsten Morgen stürmte war der Schnee um unser Nachtquartier.
Leider hatte es in der Nacht noch bis in die Morgenstunden geschneit, weswegen wir auch nach längerer Wartezeit und Hoffen auf Besserung den Rückweg ins Tal antraten.


Am nächsten Morgen...

Die Nicht-Besteigung des Gipfels war aber nicht tragisch, da wir auf tröstendes, gutes Wetter am Cotopaxi hofften.
Und außerdem hatten wir unser Hauptziel ja erreicht.

Am Mittwoch waren Fabian und ich dann noch alleine auf den Rucu Pichincha gestiegen.
Nachdem uns der TeleferiQo auf eine Höhe von 4100 Metern gebracht hatte, haben wir die Strecke bis zum Gipfel (~ 4610 MüNN) in 1:55 std zurückgelegt.

Da wir somit über eine halbe Stunde schneller waren, als die gewöhnliche Durchschnittszeit, haben wir uns dann auch sehr gut für unser Vorhaben vorbereitet gefühlt.


Glücklich am Gipfel

Am darauffolgenden Samstag, den 04.06.2011 war es dann soweit und Fabian und ich haben den Cotopaxi in Angriff genommen.

Gestartet sind wir in der Mariscal in dem Touristenbüro, wo wir unsere Ausrüstung anprobiert haben und im Anschluß in Richtung Cotopaxi Nationalpark aufgebrochen sind.

Nach einem Zwischenstopp zum Einkaufen und Mittagessen im dem Cotopaxi nahegelegenen "Machachi" kamen wir nach ungefähr zwei Stunden über die "Panamericana Sur" und sehr holprige Nebenstraßen an den westlichen Eingang des Nationalparks, von wo aus wir nach einer weiteren halben Stunde holprigen Straßenbelags den Parkplatz auf 4500 Metern erreichten.


Eine Übersichtskarte am Eingang des Nationalparks


Der Eingang des Nationalparks

Von hier aus waren noch zu Fuß 300 Höhenmeter zu bewältigen, um beim dortgelegen, wolkenverhangenen Refugio anzukommen. Aber die Hoffnung auf gutes Wetter ließ ich mir auch nicht von den vorherrschenden Wolken nehmen.

Nach gut 30 Minuten war dieser Anstieg ebenfalls geschafft, womit wir uns warmem Tee widmeten.
Außerdem machten wir auch ausgiebig von der Toilette gebrauch, da wir angehalten waren in den Tagen vor der Besteigung so viel Wasser und Kohlenhydrate wie möglich zu uns zu nehmen.


Die ersten Blicke auf den Berg

Nachdem wir von unserem Fahrer noch "Cuarenta" (= "Vierzig", ein ecuadorianisches Kartenspiel) lernten, haben wir uns dann auch schnell ins Bett begeben, wo ich lange nicht einschlafen konnte.
Auch weil ich an diesem Tag genau ein Jahr mit Johanna zusammen, aber nicht bei ihr war.

Um Mitternacht war die kurze Nacht dann auch vorbei und ich begab mich, in der Absicht das Badezimmer aufzusuchen, nach draussen. Dort wurde ich allerdings von einem der wunderschönsten Sternenhimmel meines Lebens abgelenkt.
Auch der Blick auf das nächtlich erleuchtete, ca. 80 km entfernte und doch nah erscheinende Quito war nicht zu verachten.

Gegen 01:20 Uhr machten wir uns dann auf den Weg zum Gipfel.

Mit einem erstaunlich langsamen Tempo, mit dem wir später trotzdem fast alle anderen Gruppen überholen sollten, kamen wir nach ungefähr 20 Minuten an die Schneegrenze, wo wir unsere Metallsteigeisen anlegten und angeseilt weitergingen.
Unser Guide ging voraus, danach folgte ich und dann Fabian.

So stiegen wir, unsere Eispickel als Wanderstab nutzend, im Dunkeln, den Weg nur von Stirnlampen beleuchtet bis auf 5400 Meter Höhe, um dort unsere erste Pause zu machen.

Nach kurzem Stopp ging es auch schon weiter und ich merkte, wie mir langsam übel wurde.
Das viele Essen hatte scheinbar nur mäßigen Erfolg, denn mein Magen fühlte sich total leer an.

So fragte ich den Guide (auf etwa 5500 Metern) ob ich noch etwas von meiner Schokolade essen könnte (wozu ich in der Pause nicht wirklich Gelegenheit hatte), worauf dieser sagte, dass wir dann auf 5600 Metern die nächste Pause machen würden.

Das Gute war, dass ich das gleiche Phänomen auf dem deutlich kleineren "Rucu Pichincha" auch hatte, was mir zeigte, dass es nicht die anfängliche Höhenkrankheit ist, die mir zuschaffen machte.
Dort hatte ich dann direkt eine komplette Tafel Schokolade gegessen, worauf hin es mir auch direkt besser ging.

Auf 5700 Metern haben wir dann auch wieder angehalten und ich habe dieselbe Taktik mit dem gleichen Erfolg zu mir genommen.

So begangen wir den letzen und, nach Aussage unseres Guides, schwierigsten Abschnitt der Tour.

Ebenfalls war hier auf zirka 5800 Metern der letzte von dreien zu kletternden Abschnitten, bei denen uns der Guide natürlich gesichert hatte, aber die nichtsdestotrotz sehr antrengend waren.

Doch zu diesem Zeitpunkt war die Sonne auf der anderen Seite des Berges aufgegangen und wir hatten schon jetzt einen atemberaubenden Blick über das Tal im Norden (inkl. Quito).
Dies und die Nähe zum Gipfel verleihten uns dann noch neue Energie, so dass wir nach insgesamt sechs Stunden des rhytmischen Bergsteigens um ~ 07:30 Ortszeit den Gipfel erreichten.

Eine Musik die mir, besonders kurz vorm Gipfel, in den Sinn kam ist übrigens diese besonders ab 3:55 (und nebenbei auch ein sehenswerter, doch teils "harter", Film)

Gott sei Dank hatten wir schon während des Aufstiegs und dann auch am Krater richtig gutes Wetter, verbunden mit einer wunderschönen Aussicht auf die Welt und die Berge unter uns.

Sabias que? ("Schon gewusst?") : Auf dem Gipfel des Cotopaxi ist man weiter vom Mittelpunkt der Erde entfernt, als auf dem "Mount Everest".
Dies liegt an der Krümmung der Erdoberfläche, bedingt durch die Zentrifugalkraft am Äquator.
So liegt der Mount Everest nach diesem Messkriterium nur auf Platz 5. Der Cotopaxi auf Platz 3 und der ebenfalls in Ecuador befindliche "Chimborazo" auf Platz 1, der dadurch auch die niedrigste Schwerkraft auf der Erde aufweist (~ 9,76 Nm, statt ~9,81 Nm).


Auf dem Gipfel!
Links unser ecuadorianischer Guide, rechts Fabian


5900 Meter ;)

Nach diversen Fotos haben wir uns dann auf den Rückweg gemacht.

Doch der Abstieg stellte sich als unglaublich anstrengend heraus, da er unglaublich kräftezehrend und wir natürlich schon vom Aufstieg erschöpft waren.

So machten wir beim Abstieg mehr Pausen, als auf dem Hinweg und sowohl Fabian, als auch ich mussten sehr kämpfen um den Weg weiterzugehen.

Nachdem wir die Gletschergrenze von 5200 Metern überquert hatten, nahm uns unser Guide das Seil ab, wodurch wir nun unser eigenes Tempo gehen konnten und nicht mehr als Gruppe "zusammenhangen".

Fabian, der augenscheinlich noch etwas mehr Kraft besaß, machte sich dann auch, gefolgt von unserem Guide, an einen schnelleren Abstieg, während ich, das Refuigo im Blick, versuchte einen Fuß vor den anderen zu setzen und nicht hinzufallen.

Die meisten Bergunglücke passieren, scheints, beim Abstieg, da dieser mehr Konzentration, nach großer Anstrengung erfordert.

Jedoch kam auch ich nach rund zwei Stunden heile, aber total erschöpft im Refugio an, wo Fabian und ich erst einmal eine Viertelstunde lang still auf dem Bett saßen um wieder Kraft zu schöpfen.

Eine interessante Erfahrung ist es, völlig erschöpft am Berghang zu stehen, mit dem Gefühl nicht mehr auch nur einen Schritt tun zu können. Jedoch in dem Bewusstsein, dass es noch 400 Höhenmeter zu bewältigen gilt und es KEINE ANDERE MÖGLICHKEIT als die eigenen Beine und die verbleibende Kraft in jenen gibt.
So erkennt man, dass man mehr leisten kann, als man immer denkt.

Es war wohl jedenfalls das Anstrengendste, was ich bisher in meinem Leben unternommen habe, weswegen ich dann, endlich im Auto angekommen, auch versuchte ein wenig zu dösen, trotz der widrigen Straßenverhältnisse.

Nach etwa 1 ½ Stunden waren wir dann auch wieder in der Mariscal angekommen, um von dort mit dem Taxi nach Hause zu fahren.

Eine halbe Stunde später war auch dieses Ziel erreicht und mit deutlich mehr Kraft in den Beinen konnte ich mich dann auch den Rest des Tages von meiner anstrengenden, aber absolut lohnenswerten Reise erholen.

Zum Abschluss noch ein paar Impressionen vom Gletscher:








Viele liebe Grüße aus Quito, Ecuador
Dirk =)

PS: In 21 Stunden steige ich in das Flugzeug zurück nach Deutschland!